Palmsonntag – ein Moment auf der Grenze

Palmsonntag. An diesem Sonntag beginnt die Karwoche.

Die Woche, in der Christinnen und Christen auf der ganzen Welt Jesu Weg bis ans Kreuz und letztlich seine Auferstehung an Ostern feiern.

Und dieser Weg Jesu, er beginn hier. An Palmsonntag.
Mit Jesu Einzug in Jerusalem. 
 

"Als am nächsten Tag die große Menge, die aufs Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem kommen werde,nahmen sie Palmzweige und gingen hinaus ihm entgegen und schrien: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel! Jesus aber fand einen jungen Esel und setzte sich darauf, wie geschrieben steht.  (Sacharja 9,9):

»Fürchte dich nicht, du Tochter Zion! Siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen.

Das verstanden seine Jünger zuerst nicht; doch als Jesus verherrlicht war, da dachten sie daran, dass dies von ihm geschrieben stand und man so an ihm getan hatte.
Die Menge aber, die bei ihm war, als er Lazarus aus dem Grabe rief und von den Toten auferweckte, bezeugte die Tat.
Darum ging ihm auch die Menge entgegen, weil sie hörte, er habe dieses Zeichen getan.
Die Pharisäer aber sprachen untereinander: Ihr seht, dass ihr nichts ausrichtet; siehe, alle Welt läuft ihm nach."              (Johannes 12, 12-19)


Palmsonntag – ein Moment auf der Grenze.
Jesus macht sich auf den Weg nach Jerusalem.
Er zieht ein, wie ein König. Nicht auf einem Pferd, mit einer goldenen Krone auf dem Kopf und auch einen roten Teppich hat man nicht für ihn ausgebreitet.
Und doch kommt Jesus – wie ein König. Ein ganz anderer König.
Er kommt, und reitet auf einem Esel. Seine Freunde sind bei ihm und auch viele Menschen kommen und laufen ihm aus der nahen Stadt Jerusalem entgegen.
Sie brechen Zweige von nahe gelegenen Palmen ab und breiten sie vor ihm auf dem Weg aus.
Kein roter Teppich, sondern ein grüner. Ein Teppich, der die Hoffnung der Menschen zum Ausdruck bringt.

„Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel!“

Männer, Frauen und Kinder sind gekommen um ihm zuzujubeln.
Sie sind gekommen, um den König, den Retter der Welt, zu sehen.

Ein Moment der Freude.
Ein Moment des Jubels.
Ein Moment des Triumphs.

Könnte man meinen.

Aber es gibt eben auch die anderen, die sich nicht freuen und nicht jubeln.
Die, die an der Seite stehen und sich über Jesus ärgern.
Schon lange ist er ihnen mit seinen Predigten, seinen Erzählungen über die Liebe Gottes und der Zuwendung zu denen, die am Rand der Gesellschaft stehen, ein Dorn im Auge.
Und jetzt auch das noch!

Palmsonntag – ein Moment auf der Grenze.

Die einen jubeln und rufen „Hosianna“, die anderen verbergen ihr Gesicht und schmieden neue Pläne, um Jesus endgültig zu Fall zu bringen.

Noch ist die Geschichte nicht erzählt. Noch könnte sie sich in die eine oder in die andere Richtung entwickeln. Noch.

Ein Moment auf der Grenze – er ist unsicher und vage.
Erst im Nachgang wird man die Zeichen deuten können.

Der Palmsonntag ist mir dieses Jahr mit seiner Stimmung, die jederzeit zu kippen droht und mit seiner Vorläufigkeit besonders nahe.

Ich sitze zu Hause, arbeite, lese und schreibe, putze das Haus, schneide die Rose im Garten zurecht und freue mich über den blauen Himmel.

Jeden Tag sitze ich zu Hause und verfolge die Nachrichten, klicke in der Tagesschau-App auf aktualisieren, lese die neuen Infektions- und Todeszahlen und fürchte mich vor dem Morgen.

Jeder Tag – ein Tag der Vorläufigkeit.
Jeder Tag – ein Moment auf der Grenze.

Helle Momente – mit Videoanrufen bei der Familie und Kuchenbacken.
Düstere Momente – mit neuen Nachrichten aus aller Welt und Sorgen, wann endlich wieder ein Stück Normalität greifbar wird.

Jeder Tag – ein Moment auf der Grenze. Unsicher und vage.
Und auch heute hören wir jeden Tag: erst im Nachgang, erst in ein paar Wochen wird man die Zeichen deuten können. Erst dann wird man sagen können, ob die Maßnahmen Wirkung zeigen. Ob sich die Infektionskurve abflacht. Ob Alltag bald wieder möglich ist.

Und ich kann Ihnen und euch heute nicht sagen was die Zukunft bringen wird, wie die nächsten Tage und Wochen aussehen werden.
Und wie eine Welt „nach der Krise“ aussehen wird.
Das kann ich nicht.

Heute und an allen anderen Tage auf der Grenze kann ich mich nur an diesem einen Satz festhalten:
„Fürchte dich nicht, du Tochter Zion! Siehe, dein König kommt“

Das ist das feste Fundament meines Glaubens – ich muss mich nicht fürchten. Jesus kommt, in mein Leben. Jeden Tag. Aufs Neue. Und lebt mit mir. Auch und gerade auf den Momenten auf der Grenze.


Gebet

Jesus Christus, König und Herr, 
du kommst und machst dich auf den Weg zu uns.
Umjubelt und verspottet, gefeiert und verstoßen gehst du den Weg des Lebens.
Hilf uns, deinen Weg zu verstehen, deinen Frieden zu spüren und deine Herrlichkeit zu schauen

Wir bitten dich für alle Menschen, denen es an Nähe und Zuwendung fehlt.
Wir bitten dich für alle Menschen, die schwer zu tragen haben an Verantwortung für andere und für sich selbst.
Wir bitten dich für alle Menschen, die uns gerade jetzt besonders am Herzen liegen.
Sei du bei ihnen und zeige ihnen gerade jetzt, dass du mit ihnen durchs Leben gehst.

Amen.