Gründonnerstag – Ma(h)lgemeinschaft

Gemeinschaft ist das Zusammensein und das Zusammenleben in gegenseitiger Verbundenheit.
So formuliert es der Duden.

Gemeinschaft. Zusammensein. Zusammenleben.

Etwas, wonach sich die einen vielleicht gerade besonders sehnen. Sich mit Freunden im Café zu treffen, im Sport- oder Musikverein. Oder vielleicht einfach mal auf der Straße stehenbleiben, um sich mit Menschen, die vorbeikommen, ein paar Minuten auszutauschen.

Gemeinschaft. Zusammensein. Zusammenleben.

Etwas, wovon viele vielleicht in den letzten Tagen aber auch mehr als genug hatten. Den Partner oder die Familie 24h am Tag sehen. Wenn plötzlich alles, was in der Arbeit, in der Schule oder an unterschiedlichen Freizeitorten stattgefunden hat auf einen kleinen Bereich zusammenschrumpft, den man sich – gemeinschaftlich – mit der Familie teilt.

Um Gemeinschaft, die Gemeinschaft einer ganz besonderen Art, geht es auch an Gründonnerstag.
In Jerusalem ist Jesus noch einmal mit seinen Freunden zusammen.
Sie essen. Sie trinken. Sie feiern ihr Zusammensein.
Dass es das letzte Mal sein wird, dass wissen die Freunde Jesu nicht.

Und so nimmt die Geschichte ihren Lauf.

"Und am ersten Tage der Ungesäuerten Brote, da man das Passalamm opferte, sprachen seine Jünger zu ihm: Wo willst du, dass wir hingehen und das Passalamm bereiten, damit du es essen kannst?
Und er sandte zwei seiner Jünger und sprach zu ihnen: Geht hin in die Stadt, und es wird euch ein Mensch begegnen, der trägt einen Krug mit Wasser; folgt ihm, und wo er hineingeht, da sprecht zu dem Hausherrn: Der Meister lässt dir sagen: Wo ist die Herberge für mich, in der ich das Passalamm essen kann mit meinen Jüngern?

Und er wird euch einen großen Saal zeigen, der schön ausgelegt und vorbereitet ist; und dort richtet für uns zu.
Und die Jünger gingen hin und kamen in die Stadt und fanden's, wie er ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Passalamm. Und am Abend kam er mit den Zwölfen. Und als sie bei Tisch waren und aßen, sprach Jesus: Wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch, der mit mir isst, wird mich verraten.

Da wurden sie traurig und sagten zu ihm, einer nach dem andern: Bin ich's?
Er aber sprach zu ihnen: Einer von den Zwölfen, der mit mir seinen Bissen in die Schüssel taucht.
Der Menschensohn geht zwar hin, wie von ihm geschrieben steht; weh aber dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er nie geboren wäre.
Und als sie aßen, nahm er das Brot, dankte und brach's und gab's ihnen und sprach: Nehmet; das ist mein Leib.
Und er nahm den Kelch, dankte und gab ihnen den; und sie tranken alle daraus.
Und er sprach zu ihnen: Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird."

Wahrlich, ich sage euch, dass ich nicht mehr trinken werde vom Gewächs des Weinstocks bis an den Tag, an dem ich aufs Neue davon trinke im Reich Gottes."

Sie essen. Sie trinken. Sie feiern ihr Zusammensein.
Und plötzlich kippt die Stimmung.
Jesus kündigt an, dass es da einen gibt unter den Freunden, der ihn verraten wird.
Und plötzlich greift die Unsicherheit um. 
„Bin ich’s?“

Unsicherheit ist bei diesem letzten Fest das alles beherrschende Gefühl.

Unsicherheit vor dem, was da kommen wird.
Unsicherheit vor den eigenen Entscheidungen.
Unsicherheit vor dem, was die Worte Jesu bedeuten.

Ich glaube, dass Jesus diese Unsicherheit seiner Freunde spürt.
Und gegen diese Unsicherheit gibt er ihnen etwas mit:
Er bricht das Brot.
Er teilt den Kelch.

Ein Zeichen gegen die Unsicherheit.
Gegen die Unsicherheiten dieser einen Nacht.
Gegen die Unsicherheiten des nächsten Tages.
Gegen die Unsicherheiten der Welt.

Jesus – er feiert mit seinen Freunden das Abendmahl. Sie feiern Mahlgemeinschaft.

Wir, als Gemeinde, tuen das bis heute auch.
Immer wieder.
Wir hätten es auch heute, am Gründonnerstag gefeiert.
Als Erinnerung an diesen einen Abend.
Und als Zeichen gegen die Unsicherheiten in unserem eigenen Leben.
Auch wir sind so eine Mahlgemeinschaft.

Aber dieses Jahr? Dieses Jahr können wir das nicht sein? Mahlgemeinschaft.

Wir sind eben dieses Mal keine Gemeinschaft – und mich schmerzt das. Mir tut das weh.

Es schmerzt und es tut weh, dass wir – gerade jetzt – nicht als Gemeinschaft zusammen Brot und Wein teilen können, um uns in dieser Zeit der großen Unsicherheiten damit zu stärken.
Und uns gegenseitig die Hände zu reichen, und die Gemeinschaft zu spüren.

Ich hoffe darauf, dass es wieder eine Zeit der Mahlgemeinschaft – auch in unserer Gemeinde – geben wird. Eine Zeit zum gemeinsamen Brotbrechen. Eine Zeit zum gemeinsamen Kelchteilen. Eine Zeit zum Händereichen.

Und ich glaube ganz fest daran, dass wir eben Mal keine Gemeinschaft sind, sondern auf uns alleine gestellt – sondern dass wir alle miteinander verbunden sind, in der Gemeinschaft, die über alle Grenzen reicht. Die alle das übersteigt, was wir uns selbst geben können.
Nämlich in der Gemeinschaft, die Gott uns durch seinen Heiligen Geist gegeben hat.
Und der überwindet Zeit und Ewigkeit.


Gebet

Jesus Christus,
dein Wort rettet uns.
In den Zeiten der Unsicherheit gibst du uns Halt.
Hilf uns, dass wir im Geist verbunden sind, über die Trennungen hinweg und eine Gemeinschaft sein können wie du sie dir gedacht hast.
Dazu hilf uns, um deiner Liebe willen.

Wir bitten dich für alle, die sich um Kranke und Sterbende kümmern.
Wir bitten dich für alle, die tagtäglich ihrer Arbeit nachgehen, damit es uns an nichts fehlt.
Wir bitten dich für alle, die sich nach Gemeinschaft sehnen.
Wir bitten dich für alle, die sich mehr Ruhe herbeiwünschen.

Sei du bei ihnen und zeige ihnen, dass deine gemeinschaftsstiftende Liebe alle umfasst.

Amen.


Und ich frage mich: wenn wir eben mal Gemeinschaft sind und mal nicht – wenn das nicht mehr die eine Konstante, das eine Beständige ist in unserem Leben als Teil einer christlichen Gemeinde.
Was sind wir dann?