Christi Himmelfahrt – oder: Liebe vor aller Zeit!

Kennen Sie Juri Gagarin?
Manchen wird er vielleicht noch ein Begriff sein, andere haben den Namen vielleicht noch nie gehört.

Juri Alexejewitsch Gagarin war der erste Mensch im All.
Am 12. April 1961 umrundete der Kosmonaut in 108 Minuten einmal die Erde.

Nach seiner Rückkehr zur Erde berichtete er von seinen Erlebnissen: von der Kugelgestalt der Erde, vom Anblick des einzigartigen Horizonts, dem zartblauen Film, der den Globus umgibt, darüber der pechschwarze Himmel, die Klarheit der Sterne und der Sonne, die dutzendmal heller scheint als auf der Erde.

Ob er dort auch Gott gefunden habe – sei er auch einmal gefragt worden.
Und Gagarins Antwort darauf: „Ich habe gesucht und gesucht – aber Gott habe ich nicht gefunden!“

Gerade an Christi Himmelfahrt stellt sich die Frage – wie stellt man sich das denn vor? Die Himmelfahrt Christi? Gott oben, wir unten?
Und wie passt da Jesus dazu?

Vielleicht gibt der Predigttext für heute eine Antwort darauf.

Im Johannesevangelium, im 20. Kapitel, heißt es:

"Jesus hob seine Augen auf zum Himmel und sprach:
Vater, Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden,
dass sie alle eins seien. Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, auf dass die Welt glaube, dass du mich gesandt hast.
Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, auf dass sie eins seien, wie wir eins sind,
ich in ihnen und du in mir, auf dass sie vollkommen eins seien und die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, wie du mich liebst. Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast; denn du hast mich geliebt, ehe die Welt gegründet war.
Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht; ich aber kenne dich, und diese haben erkannt, dass du mich gesandt hast.
Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich liebst, in ihnen sei und ich in ihnen."


Wir werden hier Zeugen und Zeuginnen eines Gesprächs – eines intimen Gesprächs zwischen Vater und Sohn.

Wer bist du mir als Vater? Wer bin ich dir als Sohn?

Und fast fühle ich mich ein bisschen unwohl – als würde ich durchs Schlüsselloch blicken oder das Ohr an die Tür drücken und Dinge sehen und hören, die mich eigentlich – eigentlich – nichts angehen.

Bis dann dieser Satz fällt: „damit die Liebe, mit der du mich liebst, in ihnen sei“

Und meine Augen werden weit und meine Ohren werden groß.

„Damit die Liebe, mit der du mich liebst, in ihnen sei“

Vielleicht war es doch gut durchs Schlüsselloch zu gucken und das Ohr an die Tür zu drücken – denn, ganz plötzlich, bin auch ich gemeint.
Oder?

Diese Bitte, sie gilt doch auch mir – frage ich mich da. Zuerst ein bisschen zweifelnd und dann lese ich den Text noch einmal, lasse die Worte ein bisschen nachklingen und bin mir dann (fast) sicher: ja, das meint auch mich.

Mich, Mona, hier. Jetzt. Ich darf Teil dieser einzigartigen Liebe sein, die doch eigentlich nur zwischen Vater und Sohn ist. Die Gott und Jesus auf einmalige und unvergleichliche Weise verbindet.

Und ich – Mona – ich darf da Teil davon sein.

Die Liebe ist nämlich so viel mehr als wir uns vorstellen können oder uns gegenseitig als Menschen schenken können: mehr als ein Vater seinem Sohn geben kann, mehr als die Liebe einer Mutter für ihre Tochter, mehr als die Liebe zweier Liebenden, oder von Geschwistern, Großeltern, Freunden oder Fremden.

Jesus sagt es selbst: „Denn du hast mich geliebt, ehe die Welt gegründet war.“

Eine Liebe vor aller Zeit. Noch ehe Gott die Welt erschaffen hat, mit allem drum und dran, vor dem Urknall und der Ursuppe war da schon diese einzigartige, einmalige, unvergleichliche Liebe.

Die Liebe zwischen Gott Vater und seinem Sohn Jesus Christus.
Und ich, Mona, als Teil davon.
Und wir alle, als Teil von dieser ewigen, urzeitlichen Liebe.

Vielleicht ist das die Botschaft von „Christi Himmelfahrt“.
Keine Fahrt in einer Aufzugs-Wolke nach „oben“.
Kein Gott in einer weit entfernten Galaxie.
Kein Gegensatz zwischen hier und dort.

Himmelfahrt – das bedeutet vielleicht: Der Himmel ist offen.
Himmelfahrt – das bedeutet vielleicht: Himmel und Erde verbinden sich.
Himmelfahrt – das bedeutet vielleicht: wir dürfen Himmelsstürmerinnen und Himmelsstürmer sein.

Jesus, er zieht uns zum Vater und wir dürfen teilhaben an seiner Liebe. An der Liebe, die vor aller Zeit begann.
An der Liebe, die uns heute – an diesem Christi Himmelfahrtstag – geschenkt ist.
An der Liebe, die für alle Zeit gilt.

Jesus sagt: „Denn du hast mich geliebt, ehe die Welt gegründet war“ – „damit die Liebe, mit der du mich liebst, in ihnen sei“

Gotteskind sein. Geliebt in Ewigkeit. Amen.
 

Gebet

Lass deinen Himmel über uns aufgehen, Gott,
damit wir sehen lernen und einen offenen Blick bekommen für deine Pläne und deine unbeirrbare Liebe zu allem, was lebt.
Und wenn wir zögern, zweifeln und zurückschauen, dann lass uns spüren, dass Jesus vorangeht.
Gib uns den Mut, ihm zu folgen auf seinem Weg zu den Menschen.

Jesus Christus,
du bist die Auferstehung und das Leben.
Du zeigst uns immer wieder den Himmel – auch hier auf Erden.

Zeige uns den Himmel und wohne in unserem Herzen.
Deine Liebe verwandelt uns, damit wir einander Vertrauen schenken.
Deine Liebe verwandelt uns, damit wir einander vergeben können.
Deine Liebe verwandelt uns, damit wir einander eine Hilfe sind.

Zeige den Schwachen den Himmel und wohne in ihren Herzen.
Lebe mit ihnen und gib du ihnen neue Kraft.

Zeige den Kranken den Himmel und wohne in ihren Herzen.
Schenke du ihnen Heilung und lass sie aufatmen.

Zeige den Mächtigen den Himmel und wohne in ihren Herzen.
Leite du sie auf ihrem Weg, damit sie sich für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen.

Jesus Christus, du bist die Auferstehung und das Leben.
Der Himmel ist in uns. Du bist unser Himmel.
Heute und an allen Tagen. Amen.


Vater Unser

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.
 

Segen

So segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
Amen.