Misericordias Domini – oder: und ob ich schon wanderte im finsteren Tal…

Dieser Sonntag ist ein richtiger Sonntag, der Balsam schenkt.
Für unsere geschundene Seele.
Für unsere dunklen Gedanken.
Für unsere verängstigten Gemüter.

Misericordias Domini – oder der Hirtensonntag.
Er stellt uns ein Bild vor Augen, dass unsere Ursehnsüchte und Urwünsche nach Schutz, Fürsorge und Geborgenheit anspricht.

Im Johannesevangelium wird uns ein bekanntes Bild vor Augen gemalt. Dort erzählt Jesus:

"Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.
Der Mietling, der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht – und der Wolf stürzt sich auf die Schafe und zerstreut sie –, denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht um die Schafe.
Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, wie mich mein Vater kennt; und ich kenne den Vater.
Und ich lasse mein Leben für die Schafe.
Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden."

Christus spricht: Ich bin der gute Hirte.
Dieser Satz tut mir gut. Ein Satz, den ich nicht groß erklären muss. Vielen ist das Bild von Gott oder Jesus als dem guten Hirten bekannt.
Wahrscheinlich den meisten in den Worten und Bildern des 23. Psalms.

Gerade dann, wenn wir der Illusion beraubt werden, dass man doch irgendwie selbst Schmied des eigenen Glückes sein könnte. Gerade merken wir das Besonders: uns ist das Ruder aus der Hand genommen. Das eigene Tun, das eigene Handeln ist eingeschränkt und beschränkt – zum Schutz. Für sich selbst und für andere.

Und gerade jetzt haben wir keine Gelegenheit mehr, keine Chance oder auch keine Kraft unser Leben selbst zu planen, zu gestalten, in eine bestimmte Richtung zu lenken.

Wir sind einer ungewohnten Situation ausgeliefert – und ich selbst hoffe, dass es da einen guten Hirten gibt, bei dem ich mich fallen lassen kann.
Dass es da einen gibt, der es gut mit mir meint.

Gerade werden viele Stimmen laut:
Stimmen, die nach mehr Freiheit und größeren Lockerungen der Beschränkungen rufen.
Stimmen, die zur Vorsicht mahnen und die Zügel doch noch etwas länger strenger halten wollen.
Stimmen, die versuchen abzuwägen.

All diese Stimmen versuchen gerade für uns Hirtinnen und Hirten zu sein.
Die richtige Richtung vorzugeben. Zu lenken. Zu führen. Zu leiten.

Manchmal ist es gar nicht so einfach im Wirrwarr dieser vielen Stimmen, der immer neuen Informationen und Pressekonferenzen, der Nachrichten und Neuigkeiten auf das zu besinnen, was vielleicht gerade auch jetzt wichtig ist: Der Gedanke, dass es den einen Hirten gibt, der meinem Leben letztlich die richtige Richtung gibt: Jesus Christus.

Auf ihn kann ich vertrauen. Er meint es über die Maßen gut mit mir. Bei ihm kann ich mich aufgehoben und geborgen fühlen. Auch wenn es dunkel wird um uns.

So wie es im Psalm 23 heißt: Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir.

Immanuel Kant hat einmal gesagt: Ich habe in meinem Leben viele kluge Bücher gelesen, aber ich habe in ihnen allen nicht gefunden, was mein Herz so still und froh gemacht hätte wie die Worte aus dem 23. Psalm: „Du bist bei mir.“

Ein Mann, der zeitlebens seinen Verstand gebraucht hat, sich aller Bevormundung widersetzte, hielt doch daran fest: ein vernünftiger Geist und ein vertrauensvoller Glaube – das widerspricht sich nicht. Der Grund und Halt des Lebens ist Gott.

Ich wünsche uns allen, dass auch uns die Worte „Du bist bei mir.“ durch die kommende Woche und die vor uns liegende Zeit tragen.
Ich wünsche uns allen, dass Jesus Christus mit seinen Worten und seiner Stimme zu uns in dieser lauten Zeit vordringt und uns immer wieder hören lässt: Ich bin der gute Hirte.

Amen.
 

Psalm 23

Der HERR ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue
und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße
um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir,
dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch
im Angesicht meiner Feinde.
Du salbest mein Haupt mit Öl
und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit
werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben
im Hause des HERRN immerdar.
 

Vater Unser

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

Segen

So segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
Amen.